Stark mit Kultur

Das Mini-Erzähltheater

Zuschauen und Zuhören beim Mini-Erzähltheater machen riesengroßen Spaß. Die Kinder erweitern dabei nicht nur ihren Wortschatz und ihre Fähigkeit zuzuhören. Sie können sich auch selbst sprachlich einbringen oder werden durch Mitmachaktionen in das Geschehen eingebunden. In der Kleingruppe teilen sie eigene Erfahrungen mit und tauschen sich über die Geschichte aus. Lieder, die den Inhalt zusammenfassen oder erweitern, laden zum Mitsingen, zur Rhythmusarbeit oder zum Bewegen ein. Einfallsreiche kleine Requisiten und Bilder machen die Geschichte sichtbar und greifbar. Denn auch für das Entdecken und Ausprobieren des liebevoll gestalteten Zubehörs ist Zeit vorhanden. So können die Kinder die Geschichten wirklich mit allen Sinnen erleben und das Gehörte und Entdeckte kognitiv verankern.

Länge und Inhalte der Stücke werden altersgerecht auf Einsatz in Krippe oder Kita abgestimmt. Auch in der Grundschule werden die Vorteile der Methode sichtbar, da viele Kinder nicht mehr in der Lage sind, sich Gehörtes ohne Bildmaterial selbst vorzustellen.



Das kleine Haus ist unglücklich. Es möchte gerne an einem anderen Ort stehen. Der kleinen Maus fällt ein, dass das Haus einen Raketenantrieb hat! Das hatte das kleine Haus ganz vergessen! Nach dem Countdown geht es los. Mit Gezisch und Gebrumm hebt die Rakete ab. Haus und Maus entdecken spannende Orte. Bis sie schließlich den richtigen Platz für ein neues Zuhause finden.

Ein Stück über die Suche nach dem richtigen Zuhause, über ganz unterschiedliche Orte, ihre Geräusche und und das, was an Ihnen passiert.



… die einen rot-weiß-gestreiften Fisch fangen wollte.

Die Katze liebt alles, was rot-weiß gestreift ist. Aber die Fische, die sie sich angelt, haben ganz andere Muster. Sie sind kariert oder gepunktet. Einer glitzert sogar! Und die Fische erzählen auch noch Geschichten darüber, warum sie auf gar keinen Fall gefressen werden können. Am Ende wirft die Katze alle Fische wieder ins Wasser. Wie viele waren es eigentlich? Aber hungrig geht die Katze trotzdem nicht nach Haus.

Ein Stück über Muster und Farben und darüber, was wir am liebsten essen.



Minou, das kleine Gespenst ist ganz allein in seiner Burgruine. Es fürchtet sich und fängt an zu weinen. Wie kann ihm bloß geholfen werden? Vielleicht hat der Wind einen Rat! Oder haben die Kinder eine Idee?

Ein Stück über Farben und Zahlen. Und darüber, wie wir mit dem Alleinsein umgehen können.

Hintergrund

„Je nach Kommune sind mehr als ein Drittel der schulärztlich untersuchten Fünf- bis Sechsjährigen in der Schuleingangsuntersuchung sprachlich auffällig. Und es sind nicht nur die Kinder aus den zugewanderten Familien.“

Andreas Gold, Professor für Pädagogische Psychologie an der Goethe-Universität Frankfurt. 1

Ein Viertel der Kinder der 4. Jahrgangsstufe in Deutschland erreicht laut aktueller IGLU-Studie2 beim Lesen nicht den international festgelegten Mindeststandard, der für weiteres erfolgreiches Lernen auch in anderen Fächern nötig wäre. 20 Prozent der Grundschüler verlassen die vierte Klasse ohne grundlegende Kenntnisse in Lesen, Rechnen und Schreiben. Kinder, die schon vor Schuleintritt über einen umfangreichen Wortschatz verfügen und auch mit Syntax und Morphologie der Sprache vertraut sind, also mit den Möglichkeiten, Wortformen zu verändern, lernen das Lesen hingegen viel leichter. Sprachliche Defizite aus der frühen Kindheit und Vorschulzeit erschweren hingegen den Schriftspracherwerb. Wer sich sehr anstrengen muss, hat wenig Freude am Lesen. Wo der Spaß fehlt, geht die Motivation verloren. Defizite, die in der frühen Kindheit entstehen, ziehen sich durch die ganze Schullaufbahn und auch durch das Berufsleben.

Auch andere Kompetenzen und Erfahrungen, die früher selbstverständlich waren, gehen immer mehr verloren: Das gemeinsame Zuhören und Erleben, Reflexion und Austausch über Erlebtes, das Miteinander beim Singen und Musizieren.


Autorin, Musikerin und Kulturpädagogin Christine Raudies hat eine Methode entwickelt, die alle diese Schwierigkeiten auf einmal angeht: Das Mini-Erzähltheater. Sie nutzt dazu ein Kamishibai und andere mobile Kleinbühnen. Aber nicht nur, um damit vorgelesene Geschichten zu bebildern. Die Kulturwissenschaftlerin entwickelt kleine spannende Erzähltheaterstücke, die sie frei erzählt. Und sie stellt dazu passende Bilder, Figuren und Requisiten her.

1 Frankfurter Rundschau, 2.12.2019, aktualisiert 17.12.2019: "PISA-Studie: Es hätte wohl noch schlimmer kommen können"

2 https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/bildung-im-schulalter/iglu-internationale-grundschul-lese-untersuchung/iglu-internationale-grundschul-lese-untersuchung_node.html